Projektbeschreibung
Edition und Kommentar zu Thomas III
Gegenstand der Forschung ist eine unter der Bezeichnung Thomas III laufende, um 1250 verfasste und vor allem im bayerisch-österreichischen Raum verbreitete, bislang unedierte Naturkundeenzyklopädie in lateinischer Sprache. Das Werk basiert auf den beiden Fassungen von De natura rerum des Thomas von Cantimpré (um 1201 - um 1270) und stellt sich so, ohne von Thomas selbst zu sein, als dritte neben die zwei authentischen Redaktionen (Thomas I und Thomas II). Sie ist dabei entschieden mehr als eine verkürzte „Volksausgabe“, sondern eine in vielerlei Hinsicht eigenständige Version des Textes, deren erstaunlich breite handschriftliche Überlieferung (über 100 Textzeugen) einen bemerkenswerten Rezeptionsvorgang ablesbar macht, der im Übrigen auch die Bedeutung der Fassung III für die Wirkungsgeschichte von De natura rerum (bis hin zu Konrad von Megenberg!) zeigt. Aus der Sicht eines philologischen Ansatzes, für den spätere Überlieferungen keine sekundären oder gar „verderbte“ Manifestation eines „reinen“ Textes darstellen, sondern diesen als eine „lebende“ und endsprechend prozessuale Grösse in seiner historischen Existenz gewissermassen je neu konstituieren, ist diese Perspektive von zentraler Bedeutung. Zudem sind sorgfältige und kommentierte Editionen zu den einflussreichen Enzyklopädien des Mittelalters ein Wert an sich.
Die Textausgabe bietet einen lesbaren und kommentierfähigen Text, der aber nicht einfach eine Kombination aus „guten“ Lesarten enthält, sondern darauf abzielt, die Entwicklung des Textes in der Abfolge der Redaktionen zu verdeutlichen.
Die von 1990 bis 1994 von Dr. Janine Déus und Prof. Dr. Christian Hünemörder († 2012) in der Förderphase 1990 bis 1994 und in den Folgejahren erstellte Rohfassung eines umfangreichen quellenanalytischen Kommentars zu Redaktion III der Naturenzyklopädie des Thomas von Cantimpré (Thomas III) wird grundlegend überarbeitet und ergänzt.
Neuere Literatur zum Projekt:
• Konrad B. Vollmann, Deutsch und Latein in der spätmittelalterlichen Naturkunde. In: Germania latina, Latinitas teutonica. Politik, Wissenschaft, humanistische Kultur vom späten Mittelalter bis in unsere Zeit, hg. von Eckhard Keßler und Heinrich C. Kuhn. (Humanistische Bibliothek. Texte und Abhandlungen. Reihe I Abhandlungen, 54). Bd. I. München 2003, S. 411-419.
• Konrad B. Vollmann, Edition von Texten mit hoher Überlieferungsdichte. Thomas’ von Cantimpré De naturis rerum (Thomas III) als Musterfall. In: Schrift – Text – Edition. Hans Walter Gabler zum 65. Geburtstag, hg. von Christiane Henkes u.a. (Beihefte zu editio 19). Tübingen 2003, S. 87-96.
• Konrad B. Vollmann, Varianz und Kontamination. Bemerkungen zur Textgestalt von ’Thomas III’. In: ’Texte zum Sprechen bringen’. Philologie und Interpretation. Festschrift für Paul Sappler, hg. v. Chr. Ackermann u.a. Tübingen 2009, S. 385-390.
• Konrad B. Vollmann, Die Arbeitsweise mittellateinischer Fachschriftsteller. Bemerkungen zur Überlieferung des Thomas Cantimpratensis abbreviatus (Thomas III). In: Aevum 84 (2010), S. 465-474.
• Konrad B. Vollmann, Thomas von Cantimpré und Konrad von Megenberg, in: Edith Feistner (Hg,), Konrad von Megenberg (1309-1374): ein spätmittelalterlicher 'Enzyklopädist' im europäischen Kontext. Jahrbuch der Oswald von Wolkenstein-Gesellschaft 18, 2010/2011, Wiesbaden 2011, S. 13-20.
• Konrad B. Vollmann, „Spätmittelalterliche Naturlehre – weltlich und geistlich.“ In: Neuere Aspekte germanistischer Spätmittelalterforschung, hg. von F. Löser, R. Steinke, K. Vogelgsang und K. Wolf (=Imagines Medii aevi 29), Wiesbaden 2012, S. 153-160.
• Christian Hünemörder, Die Bearbeitung ‚Thomas III’ von Thomas von Cantimpré: Liber de natura rerum. Herkunft, Textstufen und Intentionen des Kompilators, in: Amand Berteloot/Detlef Hellfaier (Hgg.), Jacob von Marlants ‚Der naturen bloeme’ und das Umfeld. Vorläufer - Redaktionen – Rezeption. Münster 2001, S. 49-67.
• Christian Hünemörder, Traditionelle Naturkunde, realistische Naturbeobachtung und theologische Naturdeutung in Enzyklopädien des Hohen Mittelalters, in: Peter Dilg (Hg.), Natur im Mittelalter: Konzeptionen – Erfahrungen – Wirkungen; Akten des 9. Symposiums
des Mediävistenverbandes, Marburg, 14.-17. März 2001, Berlin 2003,
S.124-135.
Angaben zum Forschungsprojekt
Beginn des Projekts: | 1. September 2016 |
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Ende des Projekts: | 31. Dezember 2017 |
Projektstatus: | abgeschlossen |
Projektleitung: | Weigand, Prof. Dr. Rudolf Kilian Müller, Prof. Dr. Gernot Michael |
Beteiligte Personen: | Déus, Dr. Janine Schürch, Chiara |
Lehrstuhl/Institution: |
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Finanzierung des Projekts: | Begutachtete Drittmittel |
Geldgeber: | Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) |
Projektpartner: |
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Projekttyp: | Grundlagenforschung |
Webseite: | http://www.ku.de/slf/germanistik/fsgeistlit/forsch... |
Link zu Gepris: | https://gepris.dfg.de/gepris/projekt/317658489 |
Fördernummer: | 317658489 |
Projekt-ID: | 2262 |
Publikationen
Liste der Veröffentlichungen auf dem Publikationserver KU.edoc der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt-
Thomas von Cantimpré: "Liber de naturis rerum". Band 2: Übersetzung des Textes der Redaktion III (Thomas III) eines Anonymus.
Hrsg.: Weigand, Rudolf Kilian
Wiesbaden : Reichert, 2022. - 395 S. - (Wissensliteratur im Mittelalter ; 54.2)
ISBN 978-3-7520-0645-2 ; 978-3-7520-0196-9 -
Weigand, Rudolf Kilian:
Man or the Human Being - End or Culmination of Creation?
In: Melville, Gert ; Ruta, Carlos (Hrsg.): Nature and Human : an Intricate Mutuality. - Berlin ; Boston, 2019. - S. 93-105. - (Challenges of Life ; 5)
ISBN 978-3-11-057710-5
(Begutachteter Beitrag / peer-reviewed paper)
Letzte Änderung: 27. Sep 2022 10:54
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