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Forschungsprojekt ::
"Heinrich Hirtsiefer: Staatsminister für Wohlfahrt und Jugendpflege, engagierter Katholik, Märtyrer"

Projektbeschreibung

Im Jahr 2021 jährt sich der Todestag des früheren stellvertretenden Ministerpräsidenten Preußens Heinrich Hirtsiefer zum 80. Mal. Der 1876 in eine katholische Arbeiterfamilie hineingeborene Hirtsiefer, der zunächst das Schlosserhandwerk erlernte, stieß über die christlich-soziale Arbeiterbewegung zum katholischen Arbeiterverein und kam über diesen zur Zentrumspartei.
Ab 1904 wirkte Hirtsiefer als hauptamtlicher Bezirksleiter im Christlichen Metallarbeiterverband, ehe er nach zweijähriger Teilnahme am Ersten Weltkrieg, im Nachkriegsdeutschland Weimars in politischen Funktionen wirkte: Nach seiner Mitgliedschaft in der verfassungsgebenden preußischen Landesversammlung, war er von 1920 bis März 1933 Mitglied des Landtages von Preußen, zudem von November 1921 bis ebendann Staatsminister für Volkswohlfahrt. Mit dem Preußenschlag vom Juli 1932 de facto entmachtet, versah er sein politisches Amt bis zum Amtsantritt der Staatsregierung Göring nach der nationalsozialistischen Machtübernahme.

In seinem politischen Amt engagierte sich Hirtsiefer vor allem für eine staatliche Förderung des sozialen Wohnungsbaus. So war es seine Überzeugung, dass es aus "staatspolitischen Gründen darauf ankomme, den Arbeitern preiswerte und familiengerechte Wohnungen" zu verschaffen. Diese sollten als Kleinhaus zur Verfügung gestellt werden, so dass die städtisch Arbeitenden die unbedingt notwendige Luft und etwas Sonnenschein zum Leben haben. Überdies engagierte sich Hirtsiefer im Rahmen der Katholischen Aktion – 40 Jahre vor Publikation des Dekretes Apostolicam Actuositatem auf dem II. Vatikanischen Konzil – als Sozialpolitiker, der die Foren des Katholikentages aktiv und diskursfähig bereicherte.

Im September 1933 wurde Hirtsiefer – von den Nationalsozialisten für seine Sozialpolitik verachtet und verspottet – nach einem initiierten Canossagang durch seine Heimtstadt Essen die Schutzhaft angewiesen, der noch im selben Monat die Einweisung in ein Konzentrationslager folgt. Nach kurzen, aber demütigenden Aufenthalten in den KZ Kemna und Börgermoor, wurde er seiner Heimatstadt Essen verwiesen und lebte zunächst in der Studentenbude seines Sohnes in der seinerzeitigen Reichshauptstadt Berlin. An den Folgen seiner KZ-Haft leidend, vermittelte der Osnabrücker Bischof Berning diesem ein Krankenzimmer – noch im Dezember 1933 war Hirtsiefer nicht so weit genesen, als dass das Anfertigen von Röntgenbildern möglich wäre.

Am 15. Mai 1941, starb Hirtsiefer kurz nach seinem 65. Geburtstag in Berlin, wo er auch beigesetzt wurde. Zahlreiche Siedlungen (oder Straßen in diesen) tragen heute seinen Namen, 1999 wurde Hirtsiefer in das deutsche Martyrologium des 20. Jahrhunderts aufgenommen.

Die Biographie Hirtsiefers als auch die von ihm vertretenen politisch-gesellschaftlichen Themen sollen Anlass sein, diese Aspekte "wach zu halten" und in die gegenwärtige Zeit zu transformieren. Dabei sollen sowohl die Person Hirtsiefers einer größeren Öffentlichkeit vorgestellt werden, seine christlich-sozialen Politikansätze historisierende und aus einer heutigen Perspektive dargestellt werden, die Rigorosität des nationalsozialistischen Regimes an seinem Beispiel sichtbar sein als auch das kirchliche Engagement als beispielgebend vergegenwärtigt sein.
Gegenwärtige Fragen wie jene, ob die Wohnungsfrage die soziale Frage des 21. Jahrhunderts sei, eine marktwirtschaftliche Politik staatlich-soziales Engagement benötige, Möglichkeiten zum christlich fundierten Engagement in einer säkularen Gesellschaft, gehören zu Fragen hoher tagesaktueller Relevanz mit vielseitigen Beiträgen. Folglich sind Hirtsiefers politische Themen mehr als aktuell.

Konkret kann das Interesse an der Person Heinrich Hirtsiefer aus nachfolgenden Disziplinen begründet werden.

1. Neuere Zeitgeschichte: Biographisches Wirken der Person Hirtsiefer und Konfrontation mit der Verfolgung innenpolitischer Gegner durch das NS-Regime.
2. Sozialwissenschaften: Der Einsatz für soziales Wohnen und damit verbunden gesellschaftlicher Zusammenhalt.
3. Politikwissenschaft: Christlich-soziale Politikansätze sowie innerparteilicher Diskurs zur Arbeitnehmer- und Sozialpolitik.
4. Theologie: Das Engagement führender Persönlichkeiten der Zeitgeschichte in der Kirche und von Katholiken aus einer christlich-geistig fundierten Haltung für die Gesellschaft.

Dieses interdisziplinäre Interesse, das sich in einer Person der deutschen Zeitgeschichte des 20. Jahrhunderts bündelt, spiegelt nicht nur die enorme Schaffens- und Reflektionskraft Heinrich Hirtsiefers wieder, sondern zeigt auch die hohe Relevanz sowie potentielle Tagesaktualität des einstigen Zentrumspolitikers. Folglich sollte der 80. Todestag zum Anlass genommen werden, an die Person Heinrich Hirtsiefers zu erinnern und die mit ihm verbundenen Aktivitäten in der gegenwärtigen Zeit zu verorten.

Angaben zum Forschungsprojekt

Beginn des Projekts:August 2020
Ende des Projekts:Juni 2021
Projektstatus:abgeschlossen
Projektleitung:Kießig, Dr. Sebastian
Lehrstuhl/Institution:
Finanzierung des Projekts:Begutachtete Drittmittel
Projekttyp:Tagung, Konferenz, etc.
Projekt-ID:2796
Eingestellt am: 19. Aug 2020 10:53
Letzte Änderung: 22. Jun 2021 10:06
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