Daten exportieren

 

Forschungsprojekt ::
Manierismus. Interdisziplinäre Studien zu einem ästhetischen Stiltyp zwischen formalem Experiment und historischer Signifikanz. Raum- und Zeitkonzeptionen in Lateinamerika. Vom Spätkolonialismus bis zur frühen Moderne.

Projektbeschreibung

Jenseits der anhaltenden Kontroversen, die um den künstlerischen Manierismus geführt wurden, konvergieren die meisten Positionen immer wieder in einem entscheidenden Punkt: Das genuine Merkmal manieristischer Diskurse ist die programmatische Missachtung, oft auch der provokative Verstoß gegen tradierte ästhetische Normen und Konventionen. Dies gilt für die bildenden Künste ebenso wie für die Architektur, Literatur und Musik. Charakteristisch ist dabei, dass sich diese subversiven Gesten kaum inhaltlich-thematisch, sondern nahezu ausschließlich formal manifestieren. Wie die Etymologie bezeugt, definiert sich der Manierismus seit jeher über das demonstrative, oftmals explizite Ausstellen der Verfahren, denen das Werk seine eigene Konstitution und Formgebung verdankt. Diese Dominanz des Formalen war wiederholt Anlass pejorativer Wertungen. Insbesondere die ausgeprägte Tendenz des Manierismus zur formalen Selbstreflexivität generierte den akademischen Topos inhaltlicher Bedeutungslosigkeit. Zu denken ist an kanonische Einschätzungen, die ihn zur sekundären, wenn nicht gar degenerativen bis pathologischen Kunstform herabstufen.
Das Kolloquium möchte diese eindimensionalen Festlegungen aufbrechen und auf weiterführende historische und funktionsgeschichtliche Zusammenhänge öffnen. Es stellt die grundsätzliche Frage, inwieweit die manieristische Subversion der Norm auch auf geschichtliche Kontexte jenseits der formalästhetischen Konventionen zielt. Der historische Überblick gibt zahlreiche Indizien für derartige Referentialisierungen: von den ‚amoralischen’ Verhaltenstraktaten des Barock über Evokationen sexueller Norm- und Tabubrüche in frühneuzeitlicher und moderner Lyrik bis hin zu ‚multiplen’ Portraittechniken der zeitgenössischen Videokunst. Weit über das Ästhetische hinaus wandelt sich der Manierismus in solchen Fällen zur Repräsentationsinstanz sozialer, politischer, psychologischer oder musikalischer Grenzbereiche, die sich den offiziellen Diskursen tendenziell entziehen. Offenbar vermag die Macht der formalen Stilisierung und Verklausulierung ein experimentelles und exploratives Feld, das der Evokation numinoser Randbezirke oder Tabuzonen dient, zu erschließen. Die manieristische Tendenz zur formalen Verrätselung kommt solch latenten Erkundungen – und Erkundungen des Latenten – in besonderer Weise entgegen. Dies zeigt, entgegen anderslautender Kritik, dass der artistische Formwille über die selbstzweckhafte Demonstration technischer Virtuosität weit hinausreichen kann.
An dieser Stelle zeichnet sich eine asymmetrische Dialektik des künstlerischen Manierismus, die im Zentrum des Kolloquiums steht, ab. Offensichtlich geht die Evidenz der formalen Stilisierung und Verschlüsselung oftmals einher mit einer suggestiven Auslotung problematischer bis irrepräsentabler, von den offiziellen Diskursen ausgegrenzter Bereiche. Dieser experimentelle und explorative Gestus ist aus den immanenten Strukturmerkmalen und Repräsentationsverfahren des Manierismus zu entwickeln. Auf dieser Basis kann präziser danach gefragt werden, wie sich deren dissoziative und evokative Macht sprachlich, bildlich und musikalisch manifestiert und außerästhetischer Kontexte bemächtigt.

Angaben zum Forschungsprojekt

Beginn des Projekts:24. September 2012
Ende des Projekts:26. September 2012
Projektstatus:abgeschlossen
Projektleitung:Wehr, Prof. Dr. Christian
Huß, Prof. Dr. Bernhard
Lehrstuhl/Institution:
Finanzierung des Projekts:Begutachtete Drittmittel
Geldgeber:Thyssen-Stiftung
Schlagwörter:Manierismus, Interdisziplinarität
Themengebiete:I Romanistik
Projekttyp:Tagung, Konferenz, etc.
Projekt-ID:1619
Eingestellt am: 28. Sep 2012 09:50
Letzte Änderung: 05. Okt 2012 08:45
URL zu dieser Anzeige: https://fordoc.ku.de/id/eprint/1619/
Analytics