Projektbeschreibung
Die Frage nach der nationalen Identität ist ein konstantes, wenn nicht das dominante Thema des mexikanischen Kinos schlechthin. Dies gilt für die Anfänge, die ganz im Zeichen der Revolution von 1910 stehen, ebenso wie für die Blütezeit der Época de oro (1936 - 1959) bis hin zur Entstehung einer neuen, künstlerisch eigenständigen Szene ab den späten 1980er Jahren. Inwiefern der mexikanische Film Ausdruck der Konstruktion kollektiver Identitäten ist, wurde dabei in filmphilologischer und -geschichtlicher Sicht bislang nur punktuell erforscht. Das Kolloquium stellt diese Frage erstmals in historisch übergreifender und interdisziplinärer Perspektive, um einzelne Schwerpunkte und Gattungen ebenso wie repräsentative Tendenzen der Entwicklung neu in den Blick zu nehmen. Eine übergreifende Zielsetzung ist es somit, die Geschichte des mexikanischen Kinos in ihren wichtigsten Epochen ebenso wie in ihrem Ablauf thematisch und methodologisch präziser zu fassen, als dies bislang in überwiegend chronologisch-kumulativen Arbeiten der Fall war.
Eine geeignete theoretische Basis bietet dabei die konstruktivistische Kulturwissenschaft. Sie begreift die Idee der Nation nicht mehr als politisch-soziale Entität, sondern als kulturelle Fiktion, die bevorzugt in ästhetischen Weltentwürfen Ausdruck gewinnt. Ein solcher Zugang befragt weniger die historischen Ereignisse selbst als vielmehr ihre kollektiven und künstlerischen Deutungen, die als Beiträge zur Herausbildung eines nationalen Imaginären verstanden werden.
Aus diesem Ansatz leitet sich die grundlegende Konzeption des Kolloquiums ebenso wie seine historischen und thematischen Fragestellungen ab. In geschichtlich fortschreitenden Sektionen sollen Gründung, Rezeption und Variation der nationalen Identitätsdiskurse im mexikanischen Kino an prägnanten Beispielen herausgearbeitet werden. Dabei spannt sich der geschichtliche Rahmen von den Grundlegungen der 1930er Jahren bis zum gegenwärtigen Kino. Den filmischen Gründungsakten der Goldenen Epoche ist eine eigene umfangreiche Sektion gewidmet. Dies erlaubt, den Prozess ihrer nachfolgenden Subversionen und Dekonstruktionen ab 1950 dann im unmittelbaren Vergleich zu analysieren. Den Endpunkt bilden dann die avantgardistischen, zumeist offenen und fragmentarischen (Re-) Inszenierungen des Nationalen im modernen und aktuellsten Kino, die immer wieder an intrikate Konzeptionen von Geschlecht und Begehren gekoppelt sind. Ihre Genese und geschichtliche Tiefe soll durch den Bezug auf die historischen Entwicklungsstadien der filmischen Identitätsdiskurse deutlich werden. Um der Vielschichtigkeit des Themas zwischen sozialen, kulturellen, politischen und ästhetischen Dimensionen Rechung zu tragen, vereint das Programm Beiträge aus der Filmphilologie, Kultur- und Medienwissenschaft, Geschichte und Genderforschung.
Angaben zum Forschungsprojekt
Beginn des Projekts: | 8. Dezember 2012 |
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Ende des Projekts: | 10. Dezember 2012 |
Projektstatus: | abgeschlossen |
Projektleitung: | Wehr, Prof. Dr. Christian Schmidt-Welle, Prof. Dr. Friedhelm |
Lehrstuhl/Institution: |
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Finanzierung des Projekts: | Begutachtete Drittmittel |
Geldgeber: | VolkswagenStiftung |
Schlagwörter: | Kino, Mexiko, Nationbulding |
Themengebiete: | I Romanistik |
Projekttyp: | Tagung, Konferenz, etc. |
Projekt-ID: | 1618 |
Letzte Änderung: 14. Feb 2013 08:48
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